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Die Rechte am Bild liegen bei Renaud Camus via flickr.
Die Rechte am Bild liegen bei Renaud Camus via flickr.

Autorenporträt: Renaud Camus

Einzig faszinierender als der Schriftsteller und Politiker Camus selbst, ist der Umstand, dass er nur einem bescheidenen Kreis Intellektueller bekannt ist. Dabei ist er nicht nur ehemaliger Bekannter Roland Barthes und französischer Präsidentschaftskandidat, sondern auch Schwulenrechtsbefürworter, großer Tagebuchautor, Kunst- und Kulturkritiker und nicht zuletzt der Namenspatron unserer derzeitigen Kampagne „Der große Austausch“.

Der Name Camus ist klingend, doch verbinden die meisten mit ihm wohl eher Albert Camus. Jürg Altwegg schrieb am 13. Oktober 2010 in der FAZ (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/renaud-camus-erster-kandidat-11050400.html), dass Renaud Camus mit seinem existentialistischen Namensvetter einzig gemein habe, dass beide vom französischen Literaturbetrieb gehasst würden. Das stimmt zum Teil, denn Renaud Camus besitzt, ob gewollt oder ungewollt, mit ihm mehr Gemeinsamkeiten als Altwegg denkt: so zum Beispiel die Arbeit in sozialistischen Parteien und die Prägung originärer kulturphilosophischer Begriffe. „Le Grand Remplacement“ – zu Deutsch: der Große Austausch – kam durch Renaud Camus 2010 zum ersten Mal auf.
Der Schriftsteller Renaud Camus wurde 1946 in der Auvergne geboren. Er reiste und studierte in England und den Vereinigten Staaten. Durch seine Reisen machte der Autodidakt nicht nur unter anderem Bekanntschaft mit Roland Barthes und Marguerite Duras, sondern konnte so auch den berühmten Stil seiner inzwischen monumentalen Reise- und Tagebuchliteratur entwickeln. Sein schriftstellerisches Werk weist eine beachtliche thematische Spannbreite auf, die sich in unterschiedlichsten Gattungen probiert. Besonders bekannt machte ihn seine Experimentalprosa, die nicht gerade als leichte Kost gilt. Für Französischkundige sei als Kostprobe an dieser Stelle auf sein Online-Buch „Burnt Boats“ hingewiesen, welches auf seiner Homepage einsehbar ist (https://www.renaud-camus.net/). Sein Hauptaugenmerk liegt jedoch – bis heute – im Verfassen von Essays über Kunst und Kultur. Die große, öffentlich und kontrovers geführte Debatte um seine Person löste aber ein Band seiner seit 1989 zahlreich erschienenen Tagebücher aus.

Camus ist nicht nur Schriftsteller, sondern auch Politiker: 2002 gründete er die Partei mit dem Namen „Le Parti de l’In-nocence“, dessen Doppeldeutigkeit auch jedem des Französischen nicht mächtigen auffallen wird. Und nicht nur hier schlägt sich seine schriftstellerische Neigung zum Experimentellen durch; auch das Parteiprogramm und die Gründungsdokumente sind von ihm in einem philosophisch-kreativen Stil geschrieben. Dieser kreative Schachzug regt zum Schmunzeln an – nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form des Parteiprogramms ist ganz der Kunst und dem „guten Geschmack“ verpflichtet. Seine Partei hat tagespolitisch kaum Einfluss, wird jedoch gewissenhaft und engagiert von ihm betrieben und geleitet.

Im Jahr 2000 sollte Camus trotz seines Avantgardismus die Feuilletons der größten Zeitschriften seines Landes füllen: nach Erscheinen des siebten Bandes seiner Tagebuchreihe („La Campagne de France“) brach eine heftige mediale Debatte aus, in der es, ausgehend von einem Artikel in „Le Monde“, um den Vorwurf ging, dass sein Buch stark antisemitische Stellen beinhalten würde. Nach einer medialen Hetzkampagne von „Le Monde“ und anderer links orientierter Blätter teilte sich der Feuilleton in zwei Lager. Unterstützung bekommt Camus von unerwarteter Stelle: im Laufe der Diskussion stellt sich der jüdische Intellektuelle Alain Finkielkraut hinter Camus. Beenden jedoch konnte Albert Camus die Diskussion nur selbst, und das tat er schon bald: nur zwei Jahre später wirft er eine 550-seitige schriftliche Verteidigung auf den Markt, in der er auf jedes einzelne Argument seiner Gegner eingeht und diese mit kühler Logik und scharfer Argumentation vernichtet. Marc Zitzmann reflektierte daher zum „Fall Camus“, in der Neuen Zürcher Zeitung vom 16.7.2002, zusammenfassend: „Camus ist für die Unterschiede, weil er die Vielfalt der Kulturen kennt und schätzt“. Diese Conclusio lässt uns Camus in einem durchaus identitären Licht sehen; bei Camus selbst klingt dies wie folgt (Zitat ebenfalls aus der NZZ):

«Ich glaube nicht an die grundsätzliche, unverrückbare Ungleichheit der Rassen, der Völker, der Menschengruppen jeder Art – wie auch immer man sie nennen mag. Hingegen glaube ich an die Ungleichheit ihrer sozialen und kulturellen Entwicklung und ihrer Hervorbringungen – bündig gesagt: ihres Zivilisationsgrades, zu diesem oder zu jenem Zeitpunkt ihrer Geschichte.»

Renaud Camus ist nicht nur Schriftsteller, sondern vor allem Kulturkritiker; er sieht durch den Austausch der Bürger einen Austausch der Zivilisation voraus – womit er sinngemäß die zivile Hochkultur, im Sinne von Kunst und Literatur, meint. Er vertritt einen nicht dezidiert zu Tage tretenden Ethnopluralismus, welcher jedoch einen starken kulturalistischen Einschlag besitzt. Dadurch, dass die Politiker (mit Camus gesprochen, übersetzt: „die Austauscher“) die Bürger zu austauschbarer Ware deklassieren („l’homme remplacable“) und degenerieren, vernichten sie deren inhärente Kultur. Durch einen so geplanten und durchgeführten „Großen Austausch“ würde ja die landeseigene Kultur, die man weltweit so schätzt, nicht unbeschadet bleiben – ganz im Gegenteil: sie würde verschwinden. Das ist die große Befürchtung die Renaud Camus antreibt.

Und sie scheint stärker zu werden: erst im letzten Jahr veröffentlichte er einige Artikel über die französische Identitäre Bewegung und besuchte den Kongress des „Bloc Identitaire“ über ihre Kampagne der „Remigration“. Camus ist der Meinung, dass das Problem der verschwindenden (ethno)kulturellen Identität von seiner Tragweite aus viel zu wichtig sei, als dass es nur einer einzelnen metapolitischen Gruppe überlassen werden dürfe. Dies sei ein Problem, das alle Bürger angehe, da sie ja selbst davon betroffen seien. Darüber hinaus sei unser Thema kein Randthema, keine soziokulturelle Gedanken- oder Tastaturübung einiger Rechter, sondern ein Anliegen, welches sich in der Mitte der Gesellschaft befinde und alle angehe. Er sieht daher das vordergründigste Problem im Schweigen der Mehrheitsbevölkerung, das in der Angst und der Realitätsflucht jener Bürger begründet sei. Es sei nun einmal angenehmer mit geschlossenen Augen durch den Alltag zu gehen, die demographische Katastrophe auszublenden und sich vom Geschwätz der Austauscher („Remplacistes“) einlullen zu lassen. In diesem Sinne zeigt sich Camus als Befürworter der Identitären Bewegung, wenn auch als ein stiller. Camus’ Fokus und Tangente seiner politischen Reflexion liegt eher in der Bedrohung der Kunst durch den Großen Austausch – doch treffen wir uns nicht zuletzt eben dort.

Seine wichtigsten politischen Schriften sind, neben dem künstlerisch anspruchsvollen Parteiprogramm (letzte Version: 2010), das 2008 erschienene kulturkritische „La Grande Déculturation“, „Le Changement de peuple“ (https://www.renaud-camus.net/livres-et-textes-en-ligne/l/8/Le-Changement-de-peuple#undefined) von 2013 und natürlich „Le Grand Remplacement“, welches 2010 den Begriff (https://identitaere-generation.info/der-grosse-austausch-defintion/) prägte, den wir nun für unsere Kampagne übernommen haben.

Über Raul Jaubein

Raul Jaubein
Raul Jaubein studiert Literatur und komparatistische Philosophie in Wien und erforscht die Phänomene der Post-Post-Moderne. Raul ist Mitglied IB-Wien.

2 Kommentare

  1. „„Le Grand Remplacement“ – zu Deutsch: der Große Austausch – kam durch Renaud Camus 2012 zum ersten Mal auf.“ Richtig wäre: 2010 (http://fr.wikipedia.org/wiki/Grand_remplacement)

    • Alexander Markovics
      Alexander Markovics

      Das ist richtig. 2012 erschien lediglich die Neuauflage seiner Großabhandlung „Le Grand Remplacement“, erweitert um seinen Beitrag auf der Versammlung des Bloc Identitaire 2012 in Orange.

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