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Die Geburt Europas

Redet man heute, insbesondere vor dem Hintergrund der Schuldenkrise Griechenlands, über den Begriff Europa und was unsere Zivilisation ausmacht, so sind die Antworten meist sehr monoton: „Friedensprojekt“, „Aufklärung und Menschenrechte“, „antiimperialistisches Imperium“ – Europa wird gerade von liberalistischen Kreisen meist als ein grenzenloses Konstrukt herbeiphantasiert, welches sich durch die Übernahme „westlicher Werte“ auszeichne. Auf die Gegenfrage, worin sich denn dann Europa überhaupt noch von den USA unterscheide, wird einem meist verlegen mit „Kultur“ geantwortet. Man ist gerade in den Kreisen des liberalistischen Establishments stolz darauf, in Europa nur eine „Wertegemeinschaft“ zu sehen, der jeder beitreten kann, egal aus welchem Winkel der Welt er stammt.

Doch worin besteht nun die Einzigartigkeit der europäischen Zivilisation? Ab wann kann man nicht nur vom geographischen Begriff Europa, sondern auch von einem politischen Zusammengehörigkeitsgefühl unter seinen Einwohnern sprechen? Wo liegen seine Grenzen? Was haben wir Europäer gemeinsam? Diese, gerade für uns Identitäre, sehr wichtigen Fragen möchte ich im Rahmen dieses Artikels beantworten.

Die Empfängnis Europas

Möchte man von einer „Geburt Europas“ sprechen, so kann man natürlich von seinem Zeugungsakt bzw. der „Empfängnis“ nicht schweigen: Dieser fand am Ende der Antike statt, als der römische Kaiser Theodosius 395 die Herrschaft im römischen Reich in einen westlichen und östlichen Machtbereich spaltete. Damit wurde nicht nur eine Machtteilung zwischen Rom und Byzanz eingeleitet, sondern zog auch eine kulturelle Spaltung nach sich: Diese bestand sowohl in Glaubensfragen (zwischen dem Bischof von Rom und dem Patriarchen von Konstantinopel) als auch faktisch in einer Teilung des Reiches in einen latinisierten Westen und einen gräzisierten Osten.

Schließlich fand sie auch Ausdruck in einer ersten „Gewaltenteilung“ im Westen (der Kaiser als weltlicher, der Papst als geistiges Oberhaupt), während im Osten die Kirche weiterhin dem Kaiser unterstand. Erst dieses Auseinanderbrechen des Mittelmeerraumes (die ehemalige Teilungsgrenze nach Osten gibt bis heute die Teilung zwischen Europa und dem orthodox geprägten Kulturraum wieder) ermöglichte die Herausbildung einer spezifisch europäisch-abendländischen Identität.

Die Geburt Europas

Diese bildete sich aber nicht in der Antike heraus, sondern erst im Mittelalter: Die Geburt Europas erfolgte aus der Versöhnung der heidnischen Kultur der römischen und griechischen Antike, mit dem europäisierten Christentum des Katholizismus. Die heidnischen Götter der Germanen, Slawen und Kelten verschwanden etwa nicht vollkommen, sondern wurden ebenso wie ihre Feste christianisiert: Von ersterem kulturellen Wandel zeugen etwa die zahlreichen (regionalen) Heiligen in der Katholischen Kirche.

Zwar endete die römische Herrschaft im Westen 476, jedoch waren die germanischen Eroberer darauf bedacht, die Herrschaftsstrukturen der eroberten Territorien möglichst zu wahren. Dieser Drang danach, an die Pax Romana anzuknüpfen und diese wiederherzustellen, führte schließlich unter anderem an Weihnachten 800 dazu, dass der spätere Karl der Große aus dem Stamm der Franken in Rom zum Kaiser des Römischen Reiches gekrönt wurde. Die europäische Zivilisation erblickte als Folge der „renovatio imperii“ das Licht der Welt.

Von Anfang an war hierbei die Abwehr des Islams ein identitätsstiftender Faktor: So war etwa die Kaiserkrönung Karl des Großen aufs Engste mit der Abwehr der Sarrazenen in Süditalien verbunden, auch die Abwehr der Mauren durch Karl Martell bei Tours und Poitiers sowie die Kreuzzüge als Verteidigungskriege gegen die islamische Expansion nach Europa trugen als gemeinsame militärische Unternehmen der europäischen Herrscher zu einer gemeinsamen Identitätsbildung bei.

Auch das Rittertum mitsamt der höfischen Kultur und seinem Ehrenkodex wurde zu einem die europäischen Herrscherhäuser einigenden Band, wie man auch heute noch in der immensen Bedeutung des Arthusmythos in ganz Europa sehen kann.

Europa als Zivilisation und Kulturkreis wurde aus dem Aufeinandertreffen von Germanen, Slawen und den romanisierten Einwohnern West- und Südeuropas geboren. Das Christentum bildete dabei das einigende Band, das nicht immer friedlich, aber doch stetig (Stichwort Missionierung der Sachsen) eine geistige Einheit unter den Völkern Europas schmiedete. Dieser Prozess wurde nicht etwa in der Antike, sondern im Mittelalter durch die christliche Mission vollendet.

Auf die territoriale Spaltung des Reiches folgte spätestens mit dem Morgenländischen Schisma 1054 bzw. dem Vierten Kreuzzug 1204 auch in kultureller Hinsicht die endgültige Abgrenzung zwischen Europa und dem orthodoxen Kulturkreis. Mit dem Fall Konstantinopels 1453 wurde die Führungsrolle in der orthodoxen Welt schließlich von Russland übernommen.

Europa und der Westen

Unter dem Zeichen von Rationalismus und Humanismus kam es schließlich am Beginn der Moderne zu einer weiteren Glaubensspaltung in Europa: Der aufstrebende Protestantismus, welcher auf der einen Seite die Macht des Papstes und des Heiligen Römischen Reiches herausforderte und auf der anderen Seite auch jene Länder und Fürsten hinter sich vereinen konnte, welche dem universalen Herrschaftsanspruch des Römischen Kaisers trotzten, führte zusammen mit der unnachgiebigen Haltung der Katholischen Kirche zur bis dahin größten Katastrophe in der Geschichte Europas: Der Dreißigjährige Krieg fordert von 1618 – 1648 nicht nur Millionen von Menschenleben, sondern hinterlässt vor allem einen verwüsteten Kontinent.

Gleichzeitig richtete sich der Blick der europäischen Mächte seit dem Fall Konstantinopels und der damit verbundenen Blockade der Handelswege nach Asien zunehmend nach Westen. Dabei öffnete sich mit der (Wieder-)Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus 1492 ein dunkles Kapitel in der europäischen Geschichte: der Kolonialismus und der transatlantische Sklavenhandel. Getrieben von handelskapitalistischen Interessen und Missionierungswahn wurden ganze Völker dem übersteigerten agonalen Wesen der Europäer geopfert, was schließlich im besonders brutalen (Siedlungs-)Kolonialismus des British Empire seinen Höhepunkt finden sollte.

Genau da, im 18 Jahrhundert, erreichte schließlich die Moderne, genährt mit den Ideen der Aufklärung aus England, ihren Höhepunkt: Die Vereinigten Staaten Amerikas markieren mit ihrer Unabhängigkeitserklärung 1776 nicht nur die Geburtsstunde des politischen Westens, sondern auch die Staatswerdung der Moderne und des Liberalismus. Zum ersten Mal in der Geschichte entstand ein Herrschaftswesen vollkommen losgelöst von jeglicher Tradition, welches die Erlangung der Staatsbürgerschaft nicht etwa an die Abstammung und dem Eintreten in ein ethno-kulturell gewachsenes Volk knüpft, sondern lediglich an das Bekenntnis zu einem abstrakten Wertekatalog, einer ersten Form der „Leitkultur“. Kompensiert soll die Absage an alle Traditionen und organischen Gemeinschaften schließlich durch das Glücksversprechen des „pursuit of happiness“ werden:

In säkularisierter Form der Menschenrechte und indirekten Demokratie richtete sich nun der Missionierungswahn der Europäer plötzlich gegen den Kontinent selbst (versinnbildlicht etwa in der Freiheitsstatue, deren Fackel Richtung Europa gerichtet ist): Die katastrophalen Folgen dieses Wahns manifestierten sich zuerst in der Französischen Revolution von 1789 und dem anschließenden „Grand Terreur“, welcher mit dem Massaker in der Vendee, nach der Auffassung vieler Historiker, zum ersten Völkermord in der Geschichte führt. Weil sie nicht „zur Vernunft kommen wollten“, wurden Familien vom Kleinkind bis zum Greis durch die Hand der infernalischen Kolonnen und die Guillotine vernichtet – die Massenmorde des 20 Jahrhunderts wurden hier bereits vorweggenommen.

Die „Fackel der Freiheit“ steckte mit Liberalismus und Nationalismus den alten Kontinent in Brand, Napoleon Bonaparte versuchte, seine autoritäre Umgestaltung des amerikanischen Systems auf ganz Europa auszudehnen, scheiterte aber am Widerstand Russlands und in weiterer Folge der europäischen Mächte Preußen, Österreich und Großbritannien.

Der Kolonialismus führte schließlich unter der Parole des kipplingschen „Take up the white man’s burden!“ zur rücksichtslosen Aufteilung und Ausbeutung der Welt durch die europäischen Mächte.

Als  die letzten freien Flecken auf der Welt unter den europäischen Mächten aufgeteilt waren, führten Nationalismus und Imperialismus zu einem Großen Krieg in Europa. Der Erste Weltkrieg resultierte nicht nur in Millionen von Toten, sondern auch in einer verstärkten Einflussnahme raumfremder Mächte in Europa (den USA und der UdSSR) und in der Entstehung und Verbreitung der Ideologien des Kommunismus, Faschismus und Nationalsozialismus. Auch diese neuen Antworten auf die Moderne mündeten, in Konkurrenz zum Liberalismus, in neue Massenmorde; dieses Mal waren die Opfer keine „Feinde der Freiheit“, sondern sogenannte „Klassen-“ und „Rassenfeinde“. Was in der Vendee zuerst praktiziert wurde, erreichte im Archipel GULag und in Auschwitz – im millionenfachen Massenmord – seinen traurigen Höhepunkt.

Von Kolonialismus über Imperialismus, Liberalismus, Kommunismus und Faschismus/Nationalsozialismus – was sich hier unter dem Namen des „Fortschritts“ und einer vermeintlichen „Überlegenheit“ seiner Träger Raum zu schaffen versuchte, war nicht das Europa des Mittelalters, sondern der Westen, das Antieuropa der Moderne.

Die europäische Einigung und die EU

Die beiden Weltkriege mit ihren Millionen Toten und der beinahen Vernichtung ganzer Völker (etwa der europäischen Juden im Holocaust) führten zu einem radikalen Umdenken bei den Europäern: Unter dem Eindruck der Blockkonfrontation, zwischen der Sowjetunion und dem Westen, begann man mit der politischen Integration der (nicht sowjetisch-besetzten) Teile Europas. Auf Grundlage der gemeinsamen Kultur verwandter Völker sollte es hier zu einer Verständigung der Europäer kommen, um einen abermaligen (Bürger-)Krieg zu verhindern.

Die europäische Integration entsprang also nicht etwa der Logik des Liberalismus, wie man uns heute glauben lassen will, sondern gründete auf der Zugehörigkeit zu einer Zivilisation verwandter Völker, was man auch im Rückgriff auf das Bild des „europäischen Abendlandes“ als Groß- und Kulturraum gut erkennen konnte: Die Eliten der europäischen Politik waren damals, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, nicht vom Drang besessen, Profite zu machen oder die eigenen Völker auszutauschen, so wie sie es heute sind, sondern an einer echten Aussöhnung der europäischen Völker und Zusammenarbeit untereinander interessiert. Auch hatte man nach den existenziellen Bedrohungen der beiden Weltkriege und der faktischen Machtlosigkeit Europas unter doppelter Besatzung (amerikanischer im Westen und sowjetischer im Osten) begriffen, dass man den neuen Herausforderungen in der Welt nur begegnen konnte, wenn man gemeinsam an einem Strang zog.

Die europäische Integration, die schon in den 50er Jahren beschworen wurde, war also keine Imagination einer politischen Kaste; keine Integration, welche nur auf materiellen wie machtpolitischen Interessen fußte, sondern der Wunsch von Millionen Europäern. Nicht umsonst sprach Theodor Heuss 1950:

Es gibt drei Hügel, von denen das Abendland seinen Ausgang genommen hat: Golgatha, die Akropolis in Athen, das Capitol in Rom. Aus allen ist das Abendland geistig gewirkt, und man darf alle drei, man muss sie als Einheit sehen.

Unser Europa – nicht Eure Union!

Betrachtet man die real existierende EU heute, bleibt einem die Einsicht nicht erspart, dass die europäische Idee unter einer Flut von sinnlosen Regulierungen und einem Amoklauf gegen die Vielfalt seiner Völker, mit offenen Grenzen und einem von der Politik geförderten Bevölkerungsaustausch, einer undemokratischen Struktur sowie einer fahrlässigen, am Gängelband der USA hängenden Außenpolitik (siehe Ukraine und Naher Osten) bis zur Unkenntlichkeit pervertiert wurde.

Umso wichtiger ist es, dass wir Identitäre als europaweite Jugendbewegung die Vision eines anderen Europas aufrecht halten: einem Europa, das seine Grenzen verteidigt und die Vielfalt seiner Völker erhält, welches nicht nur die Befreiung von der Sowjettyrannei feiert, sondern auch das amerikanische Joch abschüttelt. Ein Europa, in dem sich die verschiedenen Völker die Hand reichen, Grenzstreitigkeiten der Vergangenheit angehören und gemeinsam eine Festung zur Verteidigung seiner Außengrenzen aufbaut: um zusammen eine Zukunft als Europäer in Europa zu beschreiten.

Die Grenzen Europas erkennt jeder normale Mensch mit offenen Augen: Die nicht enden wollende Farce um den EU-Beitritt der Türkei etwa und die Zurückhaltung selbst fanatischer Eurokraten in dieser Frage führt einem sehr gut vor Augen, dass den Grenzen zwischen den Zivilisationen eine eigene Wirkmächtigkeit inne liegt. Ebenso kann man dies etwa am Bürgerkrieg in der Ostukraine festmachen, bei dem sich angesichts des massiven Eingreifens des Westens durchaus Parallelen zu bisher fehlgeschlagenen Versuchen ziehen lassen, die Grenzen Europas nach Osten zu erweitern – etwa unter Napoleon oder den Nationalsozialisten. Die NSA-Affäre hat uns schlussendlich gezeigt, dass Europa auch im Westen eine Grenze besitzt: Denn wer andere Staaten bespitzelt und dies sogar offen rechtfertigt, ist nicht Verbündeter, sondern Hegemon. Das bespitzelte Europa hingegen befindet sich gegenüber den USA in einem ähnlichen Status wie die Staaten Osteuropas gegenüber der UdSSR zu Zeiten des Kalten Krieges. Ein für uns Identitäre nicht hinnehmbarer Zustand.

Denn wir Europäer, egal ob Österreicher, Deutsche, Franzosen, Italiener, Spanier oder andere Angehörige unseres Kulturkreises, sind alle die Erben einer einzigartigen Zivilisation: Ihre Wurzeln reichen bis zur Landnahme der Indogermanen vor 6000 Jahren in Indoeuropa zurück, erstrecken sich über die griechische wie römische Antike bis hin zum christlichen Mittelalter Karl des Großens. Wir sind die Erben der romanisch-germanisch-slawischen Symbiose und die Enkel von Karl dem Großen, Karl Martell und Prinz Eugen, welche die Festung Europa gegen den Ansturm des Islams verteidigt haben.

Und wir lassen uns nicht austauschen – schon gar nicht von liberalistischen Multikultis, die Europa nur über ein Lippenbekenntnis zu den „Werten“ der Aufklärung und Moderne sowie einer diffusen Leitkultur definieren! Für uns ist Europa und damit der Erhalt seiner ethno-kulturellen Identität ein Auftrag – unseren Ahnen, die diesen Kontinent für uns aufgebaut haben sowie unseren Nachkommen gegenüber, für die wir seine Zukunft sicherstellen müssen.

Nicht zuletzt weil die Politiker in EU-Parlament und -Kommission drauf und dran sind, durch eine verantwortungslose Politik auf allen Ebenen, die Zukunft der europäischen Einigung aufs Spiel zu setzen, muss es die Aufgabe von uns jungen Patrioten sein, uns nicht nur unsere Länder, sondern auch unseren Kontinent wieder zurückzuholen! Die Richtung der europäischen Integration muss – gerade angesichts der aktuellen Lage – identitär korrigiert werden.

 

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Über Alexander Markovics

Alexander Markovics
Geboren 1991, Studiert in Wien Geschichte, Politikwissenschaften die Autoren Alain de Benoist und Alexander Dugin. Obmann der IBÖ und Mitglied der IBÖ - Landesgruppe Wien.

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