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Gegenkunst – Warum die Kultur wieder Kunst braucht

Die triefende Heuchelei und die saturierten Fleischmasken der wohlgenährten wie demonstrativ progressiven Gegenwartsbourgeoisie lassen sich in ihrem natürlichen Umfeld am besten im sogenannten Kulturbetrieb beobachten. Naßrasierte androgyne Männer, die von süß parfumierten Frauen statt Damen flatterhaft hinter sich her gezogen werden, kratzen sich bedeutungsschwanger am Kinn und lamentieren pseudoakademische Logorrhoe, gepaart mit Namedropping und dem Griff zum Buffet, über tiefere Sinne der Farbe Dunkelblutrot in einem als Kunstwerk – stets respektvoll als „Arbeit“ bezeichnet – deklarierten Haufen Kotze in einer schicken Galerie – ganz in Weiß, natürlich, white cube stirbt nie – die gefalteten Augen hektisch durch den Raum gleiten lassend, da das Kunstwerk nicht im Mittelpunkt steht sondern man selbst. Sehen und gesehen werden, social networking, die Bionade-Biedermänner im Anzug ohne Krawatte feiern ihren Freitag Abend bei kostenlosem Sekt, der ihre spitzgesichtigen Weibsbilder zwischen notgeiler Peinlichkeit und hexenhaftem Gekeife tänzeln läßt, bei sogenannter Kunst;  ganz im Geiste ihrer historischen Vorbilder, die sich röhrende Elche und heile Welten an die geblümten Tapeten hingen, bei denen es „sich so gehörte“ des Sonntags ins Museum zu gehen oder ins Konzert und bei deren zeitgenössischen Wiedergängern es sich gehört Fairtrade-Kaffee mit Sojamilch zu schlürfen und das weltoffene Ich, so offen wie das Leinenhemd, zwischen Freelance-Job und Öko-Kita auf Vernissagen ein wenig unterhalten zu wissen. Mit Kunst hat diese Distinktionshoffnung der ewig Adoleszenten soviel zu tun wie der sprichwörtliche Fisch mit dem Fahrrad, aber es sind die wohlhabenden Rezipienten, Kunden wie in der Schlange eines Supermarkts, die den oktopushaften Ameisen- wie Müllhaufen des Kulturbetriebs am leben erhalten. In seinen Schriften zur Kunst beschreibt Peter Sloterdijk genau dieses gegenwärtige Prinzip, Scheiße zu fressen um scheißen gehen zu können: „Wo eine art gallery ist, da strömt die gallery art heraus. So kommt es, dass sich die moderne Kunstausstellungskunst in ihrer Tautologisierung festschraubt: Das Herstellen von Kunst dreht sich um ein Ausstellen von Kunst, das sich um ein Herstellen von Ausstellungen dreht.“[1] Kunst dagegen braucht keine Kultur – erst recht nicht diese.

Kultur zwischen Agitprop und Spektakel

Kultur ist also ungleich Kunst. Festzustellen ist ebenfalls ihr Charakter als soziales Event, in dem weniger das Objekt als die Subjekte im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen: „Die dem Spektakel eigene Verbreitung eines Massenintellektualismus, dem die Beherrschung einer konventionalisierten Menge von Kenntnissen als eine besonders wertvolle Fertigkeit gilt, hängt ganz offensichtlich mit der besonderen Bewußtseinsform des Bloom zusammen.“[2] Kunst von der Kultur zu trennen ist damit insofern wichtig, da Kultur etwas Konkretes zu bezeichnen vermag, was sich in faßbaren haptischen Phänomenen greifen läßt; die Kunst dagegen ist ein diffuses Netz aus Innerlichkeiten, weshalb sie vom Löwenanteil der Gegenwartsmenschen unerkannt bleiben wird, denn „alles, was der Bloom erlebt, tut und empfindet, bleibt etwas ihm Äußerliches.“[3] Kunst aber ist die Innerlichkeit schlechthin.

Das nepotistische Geflecht dessen, was landläufig Kultur genannt wird, ist eine saure Melange aus apolitischer Politisierung, aus bürgerlicher Selbstdarstellung und nicht zuletzt dem großen Geld. Der Künstler selbst ist zum Produkt gemacht worden, wird akademisch ausgebildet – schlaksige Hipster-Typen, softe Bartträger und kettenrauchende Mädchen mit Sidecut schnuppern beim ersten Verkauf einer Arbeit den miefigen Gestank der Kunstwelt, gehen kellnern oder laufen staatlichen Förderungen hinterher, die nach politischen Vorgaben vergeben werden; so sorgen sich die buntbebrillten Zölibatserleichterungen in den Kulturmagistraten, daß Fördergelder „im Sinne der Erreichung von Ausgewogenheit in der Aufteilung der 
Mittel der Kunstförderung zwischen Männern und Frauen“[4] nicht nach Qualität, sondern nach Geschlecht vergeben werden. Inhaltlich simpel gestrickt sehen sie es besonders gerne, wenn „Kunst“ zum Agitprop verkommt, wenn Gender, Multikulti und Schuldpsychosen thematisiert werden müssen, wenn quietschbunte Schwuchteln die Toleranz tanzen sollen oder moderne Kunst in Ghana ausstellen. Eine solche Kunst ist erneut der Fisch mit dem Fahrrad, wenngleich nicht nur der Kopf, der ganze Leib ja stinkt; sie ist Propaganda und ausschließlich deshalb mit staatlichen Mitteln gefördert. Kunst ist sie keine.

Sie ist häßlich, wird der zu nicht minderer Kleinbürgerlichkeit wie der eingangs skizzierte Prototyp des Kulturkonsumenten neigende Konservative giften, aber auch er zieht sich zurück in das historische Derivat neuer Biedermeierlichkeit; auch er wünscht sich die heile Welt, zumindest aber den Heroen und ist in seinem eng gefaßten Ästhetikbegriff gefangen wie auch sonst inmitten dem noch goldenen Käfig aus seinen Konventionen. Es ist Aufgabe der Kunst, diese anzugreifen bis zu zerstören, die Scheußlichkeit aller denkbaren Scheußlichkeiten dem Konsumenten aufzuzeigen, um ihn zum Rezipienten überhaupt emporheben zu können. Der Wert der Kunst besteht demnach darin, daß sie für uns bedeutende Aspekte der Welt, in der wir leben, und unserer selbst, verständlich macht. Kunst schafft also Verständnisse, indem sie der Kunstphilosophie Hegels und später Heideggers folgend, der sich intensiv am Beispiel van Goghs damit auseinandergesetzt hat, durch ihre materielle „Unbrauchbarkeit[5] den Rezipienten „etwas über sich und ihre Welt sagt.“[6] Kunst ist eben keine Unterhaltung und keine Suggestion, sondern die größtmögliche Radikalität. „Ortegas Aufstand der Massen ist einem Schlaf der Massen gewichen, eingenickt unter dem Bombardement des Entertainments“[7], das immer wieder mit Kunst verwechselt wird, aber: Kunst, die nur schön ist, nennt man Design.

Die Geburt der Kunst aus der Weltfremdheit

Die Frage nach dem Zweck der Kunst setzte eine Frage nach dem Wesen der Kunst voraus und beides füllt bereits ganze Bibliotheken, was dem Autor an dieser Stelle dazu drängen muß, einzig seine persönliche Ansicht dazu konstatieren zu können: Kunst als Selbstzweck ist zwar zur vorletzten Jahrhundertwende im l’art pour l’art als Seinsform um ihrer selbst willen interpretiert worden und entbehrt zweifelsohne nicht einer zierlich-morbiden Anziehung, ist im Laufe der fortfolgenden Entwicklungen und Konzepte jedoch nicht mehr haltbar; nichts auf der Welt ist da, nur um da zu sein. Der Zweck der Kunst ist also vielmehr ein analytischer Faktor. Sie erwächst stets aus der Idee und diese wiederum findet ihre Wurzeln rhizomartig in den Ideen Dritter gleichsam wie in ihrer Zeit, sodaß Kunst auch immer ein Sittengemälde ihrer Gegenwart ist, woraus sich erklärt, daß die Kunst häßlicher Zeiten auch selten zu normativer Schönheit neigt. Der von Sloterdijk kritisierte ästhetische Imperativ spricht also genau diesen Faktor an, indem die Kunst als Genußmittel zweckentfremdet und ihr in ihren Möglichkeiten das Todesurteil der Scheuklappenblicke ausgesprochen wird. Gleichzeitig ist Kunst aber stets losgelöst von der Welt, aus der sie erwuchs. Dieser philosophische Anteil, der später in der Konzeptkunst perfektioniert worden ist, in der einzig ein Gedanke schon Kunst hat sein können, beherrscht die Weltsicht des Künstlers wiederum in maßgeblicher Weise: Als überhaupt Denkender muß er imstande sein durch sein Wesen und die es umgebende Welt stets aufs Neue erstaunt zu werden, ja auch erschreckt und angewidert, was die Geburt der Subjektivität aus der Weltfremdheit zur Geburt der Kunst erst macht; es ist ein „grundsätzliches und tief erfahrenes Befremden über die Welt, wie und dass sie ist“[8] analysiert Sloterdijk treffend. Der deutsche Künstler Jonathan Meese, ambivalent zwischen hochpreisigen Spitzengalerien und legendären Pöbeleien gegen die Menschheit als recht einzigartiges Phänomen durch die Kunstwelt schreitend – was ihm zu konstatieren ihn wiederum wohl sehr verärgern würde – weiß aber zumindest, was Kunst nicht ist und hilft uns mit dem destruktiven Lösungsansatz zumindest wenige Meter gedanklichen Feldweges weiter: „Kunst ist kein Menschenritual, Kunst ist kein Menschenmythos, Kunst ist kein Menschenkult“ und: „Die Kunst ist frei. Der Künstler ist es nicht.“[9]

Die Radikalität des Inneren

Notwendigerweise wird der Leser bereits auf die Beantwortung der Frage gewartet haben, was Kunst denn nun sei; er muß allerdings enttäuscht werden; würde dieser Text diese Frage beantworten können, so handelte es sich um ein Jahrtausendereignis der Geistesgeschichte und die Überwindung eines Rätsels, an dem weitaus klügere Gehirne bereits scheitern mußten. Die Frage, ob etwas Kunst ist oder nicht, stellt sich für uns allerdings nicht, wenn man mit einem Kunstwerk konfrontiert ist, das einem nicht behagt oder allgemeiner formuliert: Wenn wir mit einem Phänomen konfrontiert sind, von dem wir nicht wissen, ob es ein Kunstwerk ist, sein soll oder nicht. „Kunstwerke haben die Eigenart, dass ich nicht einfach sagen kann, ob etwas ein Kunstwerk ist, unabhängig davon, ob ich es selbst als Kunstwerk erfahren habe.“[10] folgert der Philosoph Georg Bertram daraus und hat dahingehend recht, daß ich als Betrachter, Leser oder Hörer mit diesem Kunstwerk Erfahrungen gemacht haben muß, mich in ihm finden oder zumindest aber mich auf das Werk einlassen muß; dabei ist zunächst egal, welche subjektive Empfindung das Werk auf mich ausübt. Wichtig ist, daß es eine Empfindung hervorruft und auch Abscheu, Ekel oder Entsetzen sind Empfindungen, die eine Arbeit auslösen kann und soll. Denn nach Heideggers maßgeblichem „Ursprung des Kunstwerks“ „suchen wir das wirkliche Werk auf und fragen was und wie es sei.“[11] Kunst ist also damit nicht unabhängig vom Betrachter Kunst, sondern wird erst durch den Rezipienten interpretierbar und funktioniert als individueller Impuls an das Innere.

Wir haben nun in groben Zügen die Differenzierung von Kunst und Kultur vorgenommen aber noch keine wirklich neuen Erkenntnisse formuliert. Vielmehr haben wir einen Standpunkt entwickelt und vermögen nun zwischen der Maschine Kultur und der Empfindung Kunst zu unterscheiden, können die Kultur als Äußeres und die Kunst als Inneres in ihrer Kohärenz definieren. Ebenso haben wir gleichermaßen begreifen müssen, daß Kunst als Phänomen mit der Notwendigkeit der Rezeption auf der anderen Seite wiederum der Kultur bedarf, um sie zum einen zu multiplizieren und zum anderen Kunst auch und vor allem aus der Kultur heraus wächst, die in diesem Falle nicht mit der Kulturmaschine zu verwechseln ist. Kultur bedingt und impliziert immer die Kunst, nicht aber die Kulturmaschine als Instrument des Status Quo!

Kunst und Künstlichkeit

Spätestens jetzt gewinnt die Überschrift ihren eigentlichen Sinn, sodaß wir der Frage nachgehen können, wie eine Gegenkunst gestaltbar wäre und vor allem wogegen sie sich überhaupt richten könnte. Bewußt verzichten wir auf die näherliegende Formulierung, wogegen sie sich zu richten hätte, denn wie wir feststellen mußten, ist die Kunst frei und somit als totale Innerlichkeit weder determiniert noch als Kunst außerhalb der Kulturmaschine steuerbar. Kunst als Kunst im Sinne der Innerlichkeit verstanden richtet sich demzufolge am ehesten gegen sich selbst.

Dabei ist zu unterscheiden, ob sich die Kunst als systemimmanente Kritik innerhalb der Institution Kulturmaschine nur als vermeintlicher Aktionismus gegen sich richtet oder über ihre eigene Welt hinausgeht und durch das Ventil Kunst nicht nur sich selbst als Institution sondern die Welt als Zustand in ihrer Kritik mitimpliziert. Peter Bürgers „Theorie der Avantgarde“ spricht hierbei von der Kunst als Hilfsmittel zur „Einsicht in den Gesamtprozeß“[12], der als abgeschlossener Zustand denjenigen der Gegenwart aus seiner historischen Gewachsenheit zu beleuchten vermag. Die historischen Avantgarden wandten sich gegen beides: Sowohl die Kunst als distribuierende Institution, hierin als Kulturmaschine bezeichnet, als auch die Kunstbegriffe der bürgerlichen Gesellschaft. Nach Bürger handelt es sich bei der gegenwärtigen Kulturpolitik als eine faschistoide Steuerung und Vereinnahmung der Kunst zu Zwecken der Propaganda. Der bürgerliche Kunstbegriff ist also die Gefangenschaft der Kunst zwischen der „Freisetzung der Kunst von gesellschaftlichen Verwendungsansprüchen und möglichen politischen Gehalten der Einzelwerke“[13], dementiert also damit die Autonomie der Kunst als reine Innerlichkeit, sondern spannt sie stattdessen in den Rahmen des Sagbaren ein.

Die historischen Avantgarden haben zweifelsohne den Grundstein auch für zeitgenössische Künstler jenseits der Maschinenhaftigkeit ihrer Gegenwart gelegt, sind allerdings als theoriebildende Impulse nur aus ihrer Zeit heraus anwendbar. Maßgebliche Erkenntnis ihrer Manifeste war dabei die Erkenntnis der Kunst als Innerlichkeit, die durch ihre emotionale Wirkung auch und gerade jenseits des Figurativen ihre Wirkung entfaltet. Schon 1853 hat Gustave Flaubert in einem Brief geschrieben: „Ich würde gerne ein Buch über nichts schreiben, ein Buch, das auf keine äußeren Einflüsse angewiesen ist, das nur in der Stärke seines Stils besteht.“ Ebenso Picasso erklärte 1935 vor seiner Vereinnahmung durch die kommunistische Partei: „Ein Bild soll nur Emotion ausstrahlen, sonst nichts.“ Der Konstruktivismus als ideengebende Strömung innerhalb der europäischen – was zum damaligen Zeitpunkt auch russischen Kunst bedeutet – wurde in der Nachkriegszeit als geradezu reaktionär kritisiert: „Von Natur aus anti-humanistisch eingestellt […] erschien der Konstruktivismus als Ausdruck tiefsten Verfalls der bürgerlichen Kultur in der allgemeinen Krise des Kapitalismus.“[14] Ein Schelm oder aber ein Erkennender scheint der Skeptiker, der sofort den Bogen zum heutzutage vorherrschenden Dekonstruktivismus spannt!

Dennoch ist selbstverständlich die Utopie vom Ausstieg aus der Gegenwartskunst ein Traum. „Wenn es hier um eine kritische Reflexion des universalistischen Anspruchs der westlichen Moderne im Zeichen multipler Modernen geht“[15], dann wird uns klar sein, daß die Kunst ihre Gegenwart bzw. vielmehr die erlebte Gegenwart des Künstlers „in ihrer jeweiligen geographischen, kulturellen und historischen Spezifik vergegenwärtigt.“[16] Kunst ist also dahingehend immer Kultur, indem sie als Teil der ethnischen Kultur und alltäglichen Realität wahrgenommen wird und somit von der institutionalisierten Kunst der Kulturmaschine zu unterscheiden.

Das Ende der Möglichkeiten als Anfang

Eine Gegenkunst richtet sich damit in erster Linie gegen die Kultur als Institution. Schon bei Bürger ist der Fortschrittsbegriff der Moderne gebrochen „und damit ein Pluralismus in den Möglichkeiten der Künste gegeben.“[17] Die Kunst als „Verklärung des Gewöhnlichen“[18], wie der amerikanische Philosoph Arthur Danto forderte, schließt also nahtlos an Max Webers Kritik der Entzauberung der Welt gleichermaßen wie an Novalis’ Poetisierung des Alltäglichen an. Die Institutionsfeindlichkeit der Gegenkunst richtet sich also weniger gegen die Institutionen selbst als gegen die durch sie repräsentierte Gesellschafts- und Alltagsgegenwart. Danto prägte darin den Begriff der „Artworld“, der Kunstwelt, die sowohl die eingangs skizzierte Kulturmaschine meint wie auch die transzendierende Alternative zur Gegenwart durch das Auge des Künstlers, die dem Traum zur Darstellung verhilft.[19] Würde die Gegenkunst aber lediglich die Utopie des Künstlers zum Ausdruck bringen, so wäre sie genauso Propaganda und damit wertlos; womöglich wäre ihr noch ein gewisser Unterhaltungswert beigemessen, eine emotionale Wirkung als normativen Wert dagegen wäre sie nicht mehr imstande auszulösen.

Gegenkunst in unserer Zeit ist das radikale Arschlecken der Mehrheitsgesellschaft am Künstler. Die Kritik des Lorenz’schen verhausschweinten Menschen findet durch die Entgegensetzung des epochalen Heroen durch die Kunst genauso wenig statt wie durch die klassische pseudo-intellektuelle Gesellschaftskritik, sondern durch radikale Destruktivität.

Wenn wir Kunst als Sittengemälde ihrer Zeit interpretieren, dann kann sie gar nicht erst dem Nepotismus der Kulturmaschine erwachsen, auf dessen faulem Boden nichts weiter als ihre eigenen Stinkwurzen gedeihen mögen; wenn wir die Geburt der Kunst aus der uteralen Innerlichkeit der Weltfremdheit erklären, dann kann der Künstlertypus, von dem wir sprechen, jenseits der Maschinenwelt gar nicht Teil von ihr sein, sondern tritt erst in die Welt, indem er mit Ekel sich von ihr abwendet.

Kunst ist lange genug die sonntägliche Flucht aus dem Alltag gewesen, lange genug zur bloßen Unterhaltung verbürgerlichter Spießer degradiert worden und lange genug von politischen Machthabern jeder Couleur vereinnahmt worden; Gegenkunst muß die Scheußlichkeit der Gegenwart mit brennender Abscheu konstatieren, sie darf an Respektlosigkeit und Verachtung nicht überbietbar sein, sie ist kein Lehrstück für Schüler und keine Freizeitbeschäftigung für Hausfrauen, kein Wandschmuck für Pfeffersäcke und nur so angenehm wie ihre Zeit.

 


[1] Sloterdijk, Der ästhetische Imperativ
[2] Tiqqun, Theorie des Bloom
[3] ebda.
[4] BMUKK
[5] Bertram, Kunst
[6] ebda.
[7] Boeing, Alles auf Null
[8] Sloterdijk, Der ästhetische Imperativ
[9] Meese, Ausgewählte Schriften zur Diktatur der Kunst
[10] Bertram, Kunst
[11] Heidegger, Der Ursprung des Kunstwerks
[12] Bürger, Theorie der Avantgarde
[13] Bürger, Theorie der Avantgarde
[14] Nash, Kubismus Futurismus und Konstruktivismus
[15] Rebentisch, Theorien der Gegenwartskunst
[16] ebda.
[17] Liessmann, Philosophie der modernen Kunst
[18] Danto, Kunst nach dem Ende der Kunst
[19] vgl. Pfaller, Zweite Welten

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Über Alexander Schleyer

Alexander Schleyer
Ex-Soldat, Ex-Seemann, Ex-Freund, Flaneur, lebt als freier Autor in Wien.

Ein Kommentar

  1. Christoph

    Wunderbar, dass auch nicht auf das „Ewig-Bürgerliche“ vergessen wird – oft ein blinder Fleck der „Konservativen“. Der Zusammenhang Liberalismus-Marxismus ist eben kürzer als einem vorgemacht wird.

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