(Dieses Interview erschien hier im Original auf Englisch, geführt von John Lambton auf dem Blog righton.net)
Die europäische Politik und die Zukunft: Ein Gespräch mit Renaud Camus (Teil 1)
Renaud Camus ist eine kontroversielle Person in Frankreich. Er ist sowohl ein produktiver Autor als auch Freigeist in der politischen Landschaft Frankreichs. Unglücklicherweise ist er in englischsprechenden Kreisen weitgehend unbekannt. Dieses Interview soll diesen Umstand ändern und der anglophonen Welt einen Blick auf seine Ideen ermöglichen. Ich hatte das Vergnügen mit ihm über eine breite Palette von Themen zu reden, welche von seinen eigenen politischen Ansichten, dem Großen Austausch bis hin zu seiner Meinung zum Erfolg des Front National und der Identitären Bewegung reicht.
Im ersten Teil dieses Interviews sprechen wir über den persönlichen Hintergrund von Herrn Camus, sein Konzept des Großen Austauschs und die Terroranschläge in Paris am 13 November dieses Jahres.
Bitte stellen Sie sich unseren Lesern, die Sie und ihr Werk vielleicht noch nicht kennen, kurz vor!
Ich bin neunundsechzig Jahre alt und ein Schriftsteller. Ich habe bereits einhundert Bücher aller möglichen Gattungen publiziert: Abhandlungen, Novellen, Reiseberichte, Elegien, Dekaloge und Tagebücher. Ich bin ein sehr anglo- aber auch schottophiler Mensch und zwei meiner Reiseberichte, Demeures de l’esprit (Häuser des Geistes) sind Künstler und Schriftstellerhäusern in Britannien gewidmet. Ich bin nicht im geringsten als Chauvinist zu bezeichnen, ich mag englische Poesie genauso wie französische, deutsche Musik genauso wie französische, italienische Architektur vielleicht sogar mehr als französische. Ich denke, dass die englische Landschaft vielleicht die höchste und bestimmt die am meisten exquisite Errungenschaft der Zivilisation ist. Ich habe einen großen Teil meines Lebens zugebracht ohne nur ein einziges mal an mein Französischsein zu denken, über Identität, Patriotismus und all diese Dinge. Sie wurden mir erst wichtig, als ich begriff, dass sie verboten werden, dass ich sie nicht ausleben durfte oder nicht wollen sollte. Ich glaube, dass es die Aufgabe eines jeden Schriftstellers ist, sich genau in diese verbotenen Zonen in jeder Gesellschaft zu begeben, und in der Sprache wiederum dorthin wo etwas keinesfalls gesagt, erwähnt, beobachtet oder beschrieben wird: dort wo ein leerer Fleck im Muster ist. Manche Leute mögen davon überrascht sein, dass ich mit dreißig Jahren ein Buch namens Tricks schrieb, welches in einer möglichst offenherzigen Art, genauso wie sie sich zugetragen haben, von fünfundvierzig homosexuellen Begegnungen erzählte; und vierzig Jahre später schreibe ich vom Austausch des Volkes und der Zivilisation wie er in Frankreich und ganz Europa passiert. Aber es ist exakt der selbe Prozess, der selbe Anspruch: Der Versuch sich einfach mit dem Einfachen, offensichtlich mit dem Offensichtlichen und sachlich mit Fakten, insbesondere dann, wenn aus verschiedenen Gründen erwartet wird, dass man sich nicht mit ihnen beschäftigt.
In politischen Kreisen sind Sie für Ihr Konzept des „Großen Austauschs“ bekannt. Bitte erläutern Sie es uns! Sind die Aufrechterhaltung der europäischen Wohlfahrtstaaten, billige Arbeitskräfte für multi-nationale Konzerne oder all diese Faktoren zusammen, wie manche sagen, im „Kulturmarxismus“ und der kritischen Theorie verwurzelt? Beschreiben Sie bitte den Prozess des Austauschs wie sie ihn verstehen und zu was er führen soll.
Der Große Austausch ist kein Konzept, kein Begriff und keine Theorie. Er ist nur der Name für das wichtigste, ganz Europa betreffende Phänomen der letzten 1500 Jahre: nämlich der Austausch seiner Population und die Veränderung des Volkes. Wenn er nicht blind ist, wird jedermann, der 50 Meilen vom Süden in den Norden des Großraums London fährt verstehen, wovon ich spreche; und er wird auch einschätzen können, welche Konsequenzen der Große Austausch auf das Stadtbild, die Umwelt, die Lebensführung, das Wohnen und so weiter haben wird; natürlich geht er von einer sehr verwerflichen Moral und simplen ontologischen Konzepten aus, im Sinne davon, was der Mensch, der Mann, die Frau, Völker und eine Zivilisation ausmachen aus. Er geht von der Annahme aus, dass man noch immer die selbe Nation, das selbe Volk, und die selbe Identität in einem Land hat, wenn man die autochthonen Völker durch andere ersetzt. Man muss hier gezwungenermaßen an die ewige Frage Georg Christoph Lichtenbergs in Bezug auf das Messer denken: Wenn man zuerst den Griff und dann die Klinge eines Messers austauscht, handelt es sich dann noch immer um das selbe Messer? Um mit deutschen Denkern und Schriftstellern fortzufahren, lass uns sagen, dass sich die Realität in eine alptraumhafte Version des folgenden Zitat von Bertold Brecht verwandelt hat: „Wenn die Regierung mit dem Volk unzufrieden ist, muss sie es einfach nur austauschen.“ Aber natürlich ist es nicht nur die Regierung, welche dafür verantwortlich ist, dass das Volk mit einem oder mehreren anderen ausgetauscht wird. Es ist ein viel größerer Prozess. Sie haben einige Gründe genannt. Sie treffen alle zu, müssen aber in eine viel größere und komplexere Struktur eingefasst werden: Ich pflege zu sagen, dass das was ich „Substitutionismus“ nenne – die Ideologie, welche für den Großen Austausch wirbt und ihn erzwingt – die monströse Ausgeburt der Industriellen Revolution in ihrer Endphase darstellt; post-fordistisch, post-tayloristisch und antifaschistisch, welche auch bereits ihre senile Phase erreicht hat. Um es mit den sehr treffenden Worten Alain Finkielkrauts zu sagen, welche auch zum Titel einer meiner Essays geworden sind,: Der Antifaschismus ist der Kommunismus des 21 Jahrhunderts. Die Antirassisten spielen heute die selbe Rolle bei der gegenwärtigen Eroberung Europas durch die Dritte Welt, welche die Pazifisten in der Eroberung Europas durch das Dritte Reich in den 1930er und frühen 1940er Jahren gespielt haben. Sie ebnen den Weg, sie sind die großen Verteidiger des Widerstandes. Anti-Rassismus ist ein Rassismus, der dich erst beleidigt, nachdem er dich überfahren hat. Was der Rassismus 1945 nicht erreichen konnte, erreicht der Anti-Rassismus heute in Europa: Er zerstört unsere Zivilisation. Rassismus und Anti-Rassismus haben miteinander die selbe dumme, pseudowissenschaftliche und unglaublich beschränkte Definition des Wortes Rasse gemeinsam: Der Rassismus nimmt von ihr Gebrauch um ein oder zwei Rassen, die ihm nicht passen loszuwerden; der Antirassismus hingegen nimmt von ihm Gebrauch damit alle Rassen verschwinden, unter der Voraussetzung, dass es wissenschaftlich gesehen keine Rassen gibt. Die Nichtexistenz von Rassen ist genauso wie die Nichtexistenz von Klassen unentbehrlich für die Industrielle Revolution und den austauschbaren Menschen: ersetzbar, entkultiviert, entzivilisiert, entnationalisiert und entwurzelt, so wie man ihn für den Austausch im Allgemeinen benötigt: Ein Mann wird mit einem Mann, ein Mann mit einer Frau, ein Volk mit einem anderen Volk, Tiere mit Dingen, Menschen mit Maschinen, mit Prothesen und mit Objekten ausgetauscht – die posthumane Bedingung. Der Substitutionismus ist eine ausformulierte Angelegenheit, eine generelle Weltsicht: Wenn man das nicht versteht, versteht man nichts von dem was passiert: Der Große Austausch. Der Substitutionismus ist genauso gegenwärtig in den Hühnerfleischfabriken in welchen Millionen Hühner produziert werden, welche nie das Gras oder den Himmel sehen werden und alle genau so behandelt werden als wären sie Dinge, so wie es im Großen Austausch ist, der ethnischen und kulturellen Ersetzung. Es läuft alles auf eine große Verdinglichung hinaus, bitte vergeben Sie mir mein Französisch, des Lebenden. Das Paradoxe daran ist, dass die Macht hinter dem Substitutionismus, jene welche den Großen Austausch bewirbt und umsetzt, dabei ist ein Volk welches durch die Lehren des Abgrundes und der Volksverblödung (ich nenne sie Apathieindustrie) bereits hochgradig ersetzbar gemacht wurde, durch eine sehr identitäre Gemeinschaft, nämlich die Muslime, auszutauschen. In dem er so verfährt, graben sich die Mächtigen hinter dem Substitutionismus ihr eigenes Grab, da sie als erste ausgetauscht werden, sobald ihre Schützlinge sie nicht mehr brauchen (und dieser Zeitpunkt rückt immer näher heran). Aber das ist ein sehr schwacher Trost.
Die Identitäre Bewegung in Frankreich, Österreich, Deutschland und anderswo benützt ihr Konzept vom Großen Austausch als Teil ihres geistigen Fundaments. Was denken Sie von dieser Bewegung? Verstehen sie Ihre Ideen richtig und denken Sie, dass die Anstrengungen der Identitären ein Schritt in die richtige Richtung sind?
Sie haben mich vielleicht nicht sehr genau studiert und sie haben sicherlich auch andere Quellen der Inspiration, deren ich mir nicht bewusst bin. Ich weiß nicht ob sie meine Ideen genau verstanden haben oder nicht, aber sie sind garantiert mutig und genial, fesch und wahrhaft europäisch und sie haben einen sehr guten Sinn für das Symbolische und die gewaltfreie Geste. Ich bin auf jeden Fall der Ansicht, dass ihre Anstrengungen in die richtige Richtung gehen und hege große Bewunderung und Sympathie für sie. Genauer gesagt glaube ich dass in der tragischen Situation in der wir uns mit der gegenwärtigen Kolonisation Europas befinden nur eine Trennlinie wirklich von Bedeutung ist, nämlich die zwischen Verfechtern und Gegnern des Großen Austausches den sogenannten Anti-Substitutionisten, jenen, welche dazu bereit sind alles zu tun um ihn zu verhindern. Innerhalb des Lagers der Anti-Substiutionisten sollten wir alle zusammenhalten und an einem Strang ziehen. Die einzigen, mit denen wir nicht zusammenarbeiten können sind die Neonazis, Revisionisten und ähnliche Personen dieses Schlages, weil es nicht sinnvoll ist gegen einen oder zwei Totalitarismen im Namen eines anderen zu kämpfen indem man einen anderen unterstützt, nämlich den Faschismus. Winston Churchill und Enoch Powell, welche ich zutiefst bewundere, sind meine Grenzpfeiler nach rechts. All meine Bemühungen zielen darauf ab das europäische Lager der Anti-Substitutionisten zu vereinigen, weswegen ich NON gegründet habe: Nein zum Austausch des Volkes und der Zivilisation, eine Neuformierung zahlreicher Einzelpersonen und Bewegungen, unabhängig von den Parteien aber verbündet mit jenen, welche gegen den Großen Austausch auftreten. Es gibt Zeiten im Dasein der Nationen, ebenso wie im Leben der einzelnen Menschen, in denen eine entschiedene Ablehnung, ein großes NEIN, die beste Ausdrucksweise ist. Wenn die Regierung mit dem Volk unzufrieden ist, muss es dieses nur austauschen.
Am 13 November 2015 wurde Paris von einer Reihe islamistischer Anschläge erschüttert. Denken Sie, dass der mediale Fokus auf terroristische Anschläge sehr beschränkt ist und das die in viel größerer Zahl vorkommenden Vergewaltigungen, Attacken und sexuellen Belästigungen gegen autochthone Europäer nicht zumindest genauso wichtig sind und die selbe Art von Terror darstellen? Glauben Sie, dass diese beschränkte Berichterstattung zu Stande kommt, weil solche Attentate die Medien zur Berichterstattung zwingen, obwohl sie nur die Spitze des Eisberges darstellen?
Hiermit sind wir am Grund meiner Probleme mit der französischen Justiz angelangt. Ich wurde zweimal verurteilt und bin nun in der dritten Instanz, weil ich die Ansicht vertreten habe, dass das was ich unanständig nenne – der Staat und seine Einstellung deren Gegenteil Anstand ist: Straffälligkeit im leichten und schweren Ausmaß, die Art und Weise wie er sich zu einem allgemeinen öffentlichen Ärgernis entwickelt, „Respektlosigkeiten“, allgemeine Rechtsverstöße und offene Gewalt, usw. – gemeinsam mit der Demographie das Hauptinstrument ist, mit dem die gegenwärtige Eroberung stattfindet. Lassen Sie sich nicht zum Narren halten! Ich könnte auch gesagt haben, dass diese Hooligans Soldaten sind. Sie sind wirklich Hooligans, aber sie sind auch das Mittel und der Zweck zur gegenwärtigen Landnahme. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Vergewaltigung, Angriffen und permanenter Schikanierung auf der einen und Terrorismus auf der anderen Seite stellt sich gar nicht. Beide Vorgänge sind ein und dasselbe. Und es sind nicht die Polizisten, Kameras und Richter, die damit fertig werden können. Dies ist die Aufgabe der Politik, der Geschichte und der Armee. Das ist es, wofür ich verurteilt wurde und diese Aussage wurde von den jüngsten Massakern bestätigt: Alle Terroristen haben ihre Karriere ohne Ausnahme als Bankräuber, Kleinkriminelle oder Drogenhändler begonnen.
Fortsetzung folgt.